Rentner und Schüler machen gemeinsam Schule
- Montag, 23. März 2015 11:40
- H. Friedrich
haf(Salzhemmendorf) Das Schulgebäude der KGS in Salzhemmendorf ist groß und reichlich unübersichtlich. In den Pausen wuseln mehr als 1.200 Schüler lärmend und lebhaft durch Treppenhäuser und Flure. Dazwischen irren heute auch einige ältere Herrschaften herum - so um die 70 Jahre alt und darüber. Sichtlich irritiert von so viel Unruhe und Betriebsamkeit suchen sie in der Ihnen fremden Umgebung ihren Klassenraum. Informatik steht auf dem Stundenplan, und zwar für Hauptschüler der Jahrgänge neun und zehn und Senioren deutlich jenseits des Rentenalters.
Angezettelt hat das die Arbeitsgemeinschaft der Senioren in Salzhemmendorf. Sie hatten sich darüber Gedanken gemacht, welche Probleme ältere Menschen bewegen und sind auf zwei Antworten gestoßen. Die erste: Es gibt immer weniger Kontakte zwischen Alt und Jung. Man spricht nicht miteinander, man weiß nur ganz wenig voreinander. Bei vielen bestehen regelrechte Berührungsprobleme. Die zweite: Die Generation über sechzig wird allzu oft von der modernen, virtuellen, digitalisierten Welt überrollt, abgehängt und an die Wand gedrängt. Die Alten würden aber gern teilhaben und mit der neuen Technik umgehen.
Dafür könnte man etwas tun, befanden die Mitglieder der Senioren AG und schlugen vor, dass Schüler den Alten helfen sollten, wenigstens Grundbegriffe der Informatik zu verstehen und möglichst mit den alltäglichen Aufgaben am PC und mit dem Internet umzugehen. Die Schule machte mit, sehr zum Erstaunen der Senioren AG, wie Ernst August Osterwald, deren stellvertretender Sprecher berichtet, völlig pragmatisch ohne Bürokratie.
Einen erfolgreichen Test hatte es bereits zum Beginn des letzten Jahres gegeben. Nun endete mit Kaffee, Kuchen und viel Dankesworten an die Beteiligten, vor allem den Leiter des Projektes an der KGS, Hauptschulrektor Sebastian Happe, der zweite Durchgang dieses ungewöhnlichen Gemeinschaftsunterrichts. 20 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Hauptschulklassen bedauerten das Kursende genau so lebhaft wie die Senioren, denn es hat allen Spaß gemacht – und es hat viel gebracht. Ich konnte am Anfang nicht einmal einen Computer einschalten, erzählt einer jetzt kann ich damit schon ganz viel anfangen.
Das Unterrichtskonzept ist so einfach wie effizient. Die (jungen) Schüler bereiten sich im Rahmen ihres Unterricht im Fach Informatik mit Lehrer Happe auf die Themen vor, zu denen sie Wissen vermitteln wollen – z. B. Soziale Netzwerke, Umgang mit Suchmaschinen, Online Shopping, Bildbearbeitung, Textverarbeitung, Software installieren und deinstallieren und manches mehr. Die Alten nennen zum Beginn der Unterrichtsstunden den Bereich, zu dem sie mehr wissen möchten, dazu melden sich aus den Reihen der Jugendlichen „Experten“ und schon entspinnen sich zwischen beiden Gruppen lebhafte Aktivitäten.
„Lasst die Senioren so viel wie möglich selbst machen!“ hatte Lehrer Happe gemahnt. Es funktioniert ausgezeichnet, und zwar in beide Richtungen, denn auch die Alten können und wissen manches, was die Schüler übernehmen. Selten sind Unterrichtsstunden so schnell vergangen.
Nun folgt eine längere Pause. Nicht zuletzt, weil sich der Abschlussjahrgang der Hauptschule auf die Abschlussprüfungen vorbereiten muss. Danach aber soll es weitergehen, schlägt Lehrer Happe vor. Er berichtet nicht ohne Stolz, dass das Fach Informatik im Hauptschulbereich der KGS engagierter als an vielen anderen Schulen behandelt werde, aber auch dass die technische Ausstattung der KGS weit über dem in Niedersachsen üblichen Standard läge. Eine ideale Voraussetzung dafür, dass voraussichtlich ab Herbst dieses Jahres auch die nächsten Kursdurchgänge so erfolgreich ablaufen werden, wie der Letzte. Interessenten können sich bei E.A. Osterwald von der Arbeitsgemeinschaft der Senioren unter Tel. 05153/7655 informieren.
